Die „andere Türkei“

Dieser Artikel am Mai/Juni 2020 auf Mathilde veröffentlicht. Gehe zur Quelle.

Türkan Saylan (1935-2009) war Medizinprofessorin, Autorin, Frauen- und Zivilrechtsaktivistin. Sie gründete den türkischen Verein zur Förderung der zeitgemäßen Lebensweise (ÇYDD) und den Verein zum Kampf gegen die Lepra (CSD). Die Autorin Zehra İpşiroğlu macht in ihrem Buch keinen Hehl daraus, dass sie voller Bewunderung für Türkan Saylan ist. Sie fasst in „Denn immer ist Hoffnung“ ihre ausführlichen Interviews mit Saylan zusammen.

Die unermüdliche Kämpferin für die Rechte der Vernachlässigten, der Straßenkinder, der Opfer von Ehrenmorden, Behinderten oder Prostituierten vertritt eine andere Türkei als es die Repräsentanten der Regierung tun. Als Kennerin der türkischen Gesellschaft weiß Saylan genau, wovon sie spricht, wenn sie die unterschiedlichen Themen der türkischen Politik und Gesellschaft streift. Das Buch ist aufgegliedert in drei Teile, darunter 65 Seiten zu „Die Macht der Traditionen und die Stärke der Frau“, die Interviews sind eher Gespräche und durchaus weitschweifend.

Saylan sucht dabei aber immer nach klaren Antworten und sie hat zweifellos mit ihrer offenen Kritik sehr viel erreicht. Sie hat die großen Demonstrationen 2007 mit organisiert, sie hat vielen Mädchen den Zugang zu Bildungseinrichtungen verschafft und vieles mehr. Das ist in der Tat bewundernswert, die Autorin İpşiroğlu erscheint jedoch als Interviewerin manchmal etwas überambitioniert, was beim Lesen irritiert. Das Buch ist insgesamt ein Plädoyer für Humanität und offenbart ein uns fremdes Land mit Problemen, die manchmal dann doch auch die unseren sind.

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